Was ist ein Use Case? Definition und praktische Beispiele
WAS IST EIN USE CASE?
DEFINITION & BEISPIELE
Nachfolgend erfährst du alles, was du über Use Cases wissen musst. Definition, Vorteile, Beispiele und mehr.
In diesem Artikel:
- Definition: Was ist ein Use Case?
- Welchen Nutzen haben Use Cases?
- Das sind die Vorteile
- Umsetzung in der Praxis
- Use Cases Beschreibung: Die zwei Ansätze
- Use Case Beispiel
Gründe für Use Cases: Fehler identifizieren, Informationen sammeln, Anforderungen definieren, Prozesse optimieren, Analysen durchführen
Das Wichtigste zusammengefasst:
- Use Cases sind Anwendungsszenarien, welche das sichtbare Verhalten eines Systems aus der Nutzerperspektive beschreiben (z. B. die Nutzung eines interaktiven Displays aus Sicht eines Kunden im Einkaufszentrum).
- Es gibt zwei bekannte Ansätze für Use Case-Szenarien, nämlich Spezifikation und Diagramme.
- Die Ziele von Anwendungsszenarien sind klar zu definieren, um sie erfolgreich umzusetzen.
- Der primäre Vorteil von Use Cases besteht darin, dass sie für Klarheit sorgen und Unternehmen von Flexibilität bezüglich der Definition von Systemzielen und deren Umsetzung profitieren.
- Um die Ergebnisse von Use Cases effektiv zu interpretieren, empfehlen wir die Berücksichtigung von KPIs und Monitoring-Tools.
Definition: Was ist ein Use Case?
Use Cases (zu Deutsch: Anwendungsfälle) beschreiben das Verhalten von Systemen aus Sicht eines Nutzers. Ein Nutzer muss nicht zwingend eine Person sein, auch Systeme und Rollen kommen als Akteure für Anwendungsfälle in Frage. Diese Akteure interagieren mit dem System, um ein vordefiniertes Ziel zu erreichen, beispielsweise die Funktionalität technischer Abläufe oder die User Experience von Geschäftsprozessen.
Wichtig für die Praxis: In der Theorie klingen Use Cases sehr abstrakt. Doch für die Praxis können Use Cases schon etwas ganz Einfaches sein wie „Kann jemand die Kaffeemaschine problemlos bedienen?“ Daher sind Use Cases auch nicht auf Branchen oder Einsatzbereiche beschränkt.
Abgrenzung zu Case Studies
Viele verwenden die Begriffe „Use Case“ und „Case Study“ als Synonym, doch sie unterscheiden sich in ihrer Bedeutung. Use Cases beschreiben bestimmte Interaktionen zwischen Akteuren und Systemen. Case Studies hingegen sind reale Fallstudien, die ein Projekt oder dessen Vorgang darstellen.
Welchen Nutzen haben Use Cases?
Use Cases verfolgen immer ein Ziel, meistens die Optimierung von bestehenden Systemen und Prozessen. Die Interaktion zwischen Akteur und System zielt darauf ab, alle Eventualitäten und möglichen Szenarien innerhalb eines Systems durchzuspielen, um die notwendigen Anforderungen zu ermitteln.
Beispiel: Ein Use Case zielt nicht nur darauf ab, beispielsweise den Checkout-Prozess eines Online-Shops zu testen. Sondern darauf, alle möglichen Checkout-Abläufe zu testen. Ziel ist also eine ganzheitliche Betrachtung unter Aspekten der Funktionalität und Usability, um beispielsweise Fehler zu identifizieren.
Was sind die Vorteile von Use Cases?
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Klarheit schaffen: Interaktionen zwischen Akteur und System werden klar und verständlich dargestellt sowie auch Anforderungen an das System nachvollziehbar definiert werden.
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Einfache Erstellung und Verständlichkeit: Leicht zu erstellen und für alle beteiligten Akteure verständlich.
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Gute Gesamtübersicht: Gewährleistung von Einblicken in Details (z. B. Informationen über einen Use Case oder ein System) und verbesserte Orientierung für Akteure bei der Definition von Anforderungen.
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Transparente Vermittlung von Details: Klare Darstellung von Details. Visualisierung macht komplexe Zusammenhänge zudem leichter verständlich.
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Flexibilität: Anpassbar an verschiedene Akteure und deren Bedürfnisse. Unterstützt Unternehmen außerdem bei der Definition von Zielen und deren Umsetzung.
Umsetzung in der Praxis: Ansätze und Beispiel
Anwendungsbeispiele reichen von der Bedienung einer Kaffeemaschine 8einfach) bis hin zum Software-Testing (komplex). Daher erfüllen alle systematischen Funktionsweisen die Voraussetzungen für einen Anwendungsfall.
Für dich ist als Take-Away für die Praxis wichtig: Bei Use Cases wird immer ein Ziel verfolgt, das die Beziehung zwischen System und Akteur überprüft. Sobald die beiden Voraussetzungen, also System und Akteur, gegeben sind, ist ein Use Case möglich.
-> Doch die erfolgreiche praktische Umsetzung erfordert bewährte Ansätze und geht mit bestimmten Fragen einher. Darauf gehen wir nachfolgend ein.
Use Case Beschreibung: Die zwei Ansätze
Das von Ivar Jacobson im Jahr 1987 geschaffene Konzept lässt sich in zwei Ansätzen unterteilen.
Der erste Ansatz ist die Spezifikation, bei der natürlich-sprachliche Informationen enthalten sind, sogenannte “Narratives”. Diese Informationen werden als textliche Vorlage verfasst, und beinhaltet folgende Elemente:
- Name des Anwendungsfalls
- Akteure
- Auslöser / Trigger Event
- Beschreibung des Ablaufs
- Detaillierte Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte
- Beschreibung alternativer Abfolgen
- Bedingungen, die vor und nach dem Use Case relevant sind
- Darstellung der Hürden und möglicher Fehler
Der zweite Ansatz erfolgt über Diagramme. Diese Vorgehensweise ist systematisch gesehen dieselbe, doch Diagramme sind aufgrund ihrer Visualisierung leichter zu verstehen. Ein weiterer Unterschied zu der Spezifikation liegt darin, dass die Beschreibungen sich nicht auf Abläufe beziehen, sondern auf die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Use Cases und den involvierten Akteuren.
Beispiel Digital Signage: Eine Spezifikation beschreibt genau, wie ein Content Manager eine Werbeanzeige hochlädt, validiert, auf Displays abspielt und Daten sammelt. Sie geht auf Fehlerquellen wie Formatprobleme oder Verbindungsfehler ein. Ein Diagramm dagegen zeigt, wie Use Cases wie „Content hochladen“, „Werbeanzeige anzeigen“, „Statistiken abrufen“ und „Display verwalten“ mit Akteuren wie Content Managern, Kunden und Administratoren zusammenhängen.
Die Wahl muss aber nicht zwingend auf entweder Spezifikation oder Use Case-Diagramme fallen. Die beiden Methoden und ihre Vorgehensweisen ergänzen sich im Use Case-Prozess und liefern in Kombination eine genaue Auswertung der Ziele zur Ermittlung der Anforderungen an ein System.
Doch wie baut man Use Cases richtig auf, um die beiden Ansätze zu nutzen?
Um Use Cases richtig zu definieren, kannst du bestimmte Fragen heranziehen, um den Prozess so effektiv und zielführend wie möglich zu gestalten.
Folgende 15 Fragen helfen bei der Erstellung von Anwendungsfällen:
1. Kontext und Ziele festlegen
Was ist der Kontext des Use Cases?
Welches Ziel muss erreicht werden?
2. Akteure und ihre Rollen identifizieren
Welche Akteure nutzen das System und was sind ihre Ziele?
Welche Rollen und Berechtigungen haben Akteure?
3. Anforderungen und Bedingungen klären
Wie komplex sind die Anforderungen, mit denen sich ein Akteur befassen muss?
Welche Schnittstellen werden verwendet?
Welche Ressourcen werden benötigt?
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein?
4. Szenarien und Abläufe definieren
Welche Schritte muss der Akteur durchlaufen?
Was sind die Reaktionen des Systems auf die vom Akteur vorgenommenen Schritte?
Welche Szenarien und welche alternativen Szenarien sind ersichtlich?
5. Fehlerquellen und Testdurchführung
Was sind die möglichen Fehler bei jedem Schritt des Anwendungsfalls?
Wie oft wird das Testszenario durchgeführt?
6. Erfolgskriterien und Ergebnisbewertung
Was sind die Bedingungen für einen erfolgreichen Abschluss?
Wie werden die Ergebnisse ausgewertet und bemessen?
-> Praxistipp: Die Fragen dienen der Orientierung. Du musst selber für dich abwägen, wie die Anforderungen definiert werden!
Use Case-Ergebnisse evaluieren
Vergiss nicht die Erhebung relevanter Daten für eine verlässliche Auswertung! Use Cases sind am effektivsten, wenn du sie basierend auf KPIs auswerten kannst. Unser Artikel „Was bedeutet Monitoring? Definition, Vorteile & Datenschutz“ schildert diesen Aspekt im Detail.
Use Case Beispiel
Um dir ein besseres Gespür für die Praxis zu vermitteln, schauen wir uns als Beispiel den Anwendungsfall “Digitale Werbetafel” an.
Name: Digitale Werbetafel im Einkaufszentrum.
Akteure: Drei Beteiligte. Das Einkaufszentrum als Betreiber, werbetreibende Unternehmen (z. B. Restaurants in einer Mall) und Besucher/Kunden.
Auslöser / Trigger Event: Werbetreibende buchen eine Werbefläche über die Plattform des Einkaufszentrums und laden die Inhalte für die digitale Werbetafel hoch.
Kurzbeschreibung: Die digitale Werbetafel im Einkaufszentrum wird verwendet, um zeitgesteuerte und zielgerichtete Werbeanzeigen für verschiedene Unternehmen abzuspielen. Die Anzeigen werden über eine zentrale Plattform hochgeladen, zeitlich geplant und dynamisch an den Kundenstrom angepasst.
Beschreibung der einzelnen Schritte:
- Werbetreibende erstellen Inhalte: Unternehmen erstellen Werbematerialien wie Videos oder Bilder.
- Buchung und Upload: Unternehmen buchen einen Zeitslot über die Plattform und laden die Inhalte hoch.
- Inhalte anpassen: Die Plattform passt die Anzeigen je nach Zeit, Ort und Zielgruppe an.
- Anzeige auf Werbetafel: Inhalte werden auf der digitalen Werbetafel zur gebuchten Zeit angezeigt.
- Datenanalyse und Optimierung: Nach der Anzeige erhalten die Werbetreibenden Berichte zur Wirksamkeit der Kampagne.
Beschreibung alternative Schritte:
- Alternative Buchung: Falls ein Zeitslot bereits belegt ist, können Unternehmen alternative Slots buchen.
- Anpassung in Echtzeit: Falls Werbeinhalte kurzfristig geändert werden müssen (z. B. auf Basis von Besucherstrom-Änderungen), erfolgt dies automatisch durch die Plattform.
Vor- und Nachbedingungen:
- Vorbedingungen: Werbetreibende müssen über einen Zugang zur Buchungsplattform verfügen, Inhalte müssen in kompatiblen Formaten vorliegen.
- Nachbedingungen: Nach der Anzeige der Werbung erhalten die Werbetreibenden einen Report zur Performance der Kampagne (z. B. Anzahl der Ansichten).
Systemgrenzen und Fehler:
- Systemgrenzen: Die Plattform kann möglicherweise nur eine bestimmte Anzahl von Anzeigen gleichzeitig verarbeiten. Bei Überlastung könnte es zu Verzögerungen kommen.
- Fehlerfälle: Mögliche Fehler sind fehlerhafte Uploads, Anzeigeprobleme auf den Bildschirmen oder technische Ausfälle der Werbetafeln. In solchen Fällen müssen Inhalte neu hochgeladen oder Hardware-Probleme behoben werden.
Probiere es selbst: Überlege dir ein Szenario passend zu deinem Unternehmen und bringe es textuell auf’s Papier! Du wirst überrascht sein, welche Alternativen dir einfallen und wie genau ein solcher Prozess beschrieben werden kann.
Unser abschließender Tipp
Planung und Transparenz sind für erfolgreiche Anwendungsfälle wichtig. Lege den beteiligten Akteuren alle relevanten Informationen vor und involviere so viele Mitarbeiter wie nötig. Mehr Mitarbeiter bedeutet auch, dass die Prozesse komplexer werden, doch die Ergebnisse versprechen eine detaillierte Beschreibung der Anforderungen.
Versetze dich in die Akteure und welche Ziele sie verfolgen. Daraus erkennst du die Beziehung zwischen den Beteiligten und dem System. Darüber hinaus ist es wichtig, die Vor- und Nachbedingungen richtig festzulegen. Hierbei ist genau zu definieren, welche Bedingungen zu Beginn und nach Abschluss erfüllt sein müssen.
Je genauer die Arbeitsabläufe vorab definiert sind, desto besser. Es ist nicht zu empfehlen, automatisierte oder vordefinierte / standardisierte Prozesse zu nutzen, denn sie ermöglichen keine individuelle Beurteilung der Anforderungen.